Genussmomente mit bunten Farben

ACHTSAMKEIT

Titelfoto: © BDSI

Achtsamkeit – was ist das?

Sehr einfach ausgedrückt kann man sagen, dass Achtsamkeit eine Haltung beschreibt, die geprägt ist von Offenheit, Neugierde, Aufmerksamkeit und Akzeptanz gegenüber allem und jedem. Das heißt, du solltest offen sein für Gedanken und Phantasien, aber auch für Erinnerungen oder körperliche Reaktionen, zum Beispiel ein besonderes Geschmacks- oder Dufterlebnis. Achtsamkeit ist gewissermaßen eine Haltung, die es dir ermöglicht, alles bewusster wahrzunehmen und dich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

Die Achtsamkeit findet ihren Ursprung in der so genannten Satipatthana-Sutra der buddhistischen Lehren. Alle buddhistischen Mediationsformen basieren auf Achtsamkeit. In dem Zusammenhang werden vier Grundlagen der Achtsamkeit beschrieben: die Achtsamkeit auf den Körper, die Achtsamkeit auf Gefühle oder Empfindungen, die Achtsamkeit auf den Geist und dessen Zustand sowie die Achtsamkeit auf die so genannten Geistesobjekte – das sind Dinge, die in einem Moment wahrgenommen werden.

Achtsamkeit in unserer westlichen Kultur wird als ein besonderer Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand verstanden, auch als eine spezielle Persönlichkeitseigenschaft und nicht zuletzt als Methode zur Verminderung von Leiden oder häufig auch Missempfindungen und Schmerzen, erzeugt durch andauernde Stresssituationen. Achtsamkeit gewinnt zunehmend an Bekanntheit, vor allem auch durch den Einsatz bei zahlreichen Psychotherapiemethoden. In dem Zusammenhang trifft man auch häufig auf den Begriff „Mindfulness-Based Stress Reduction“, in kurz MBSR, auf Deutsch auch „Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion“ genannt. Es handelt sich dabei um ein Programm zur Stressbewältigung und hilft Betroffenen, besser mit Zuständen wie chronischen Schmerzen, Schlafstörungen, Ängsten, Depressionen, Panikattacken oder auch Burn-Out-Symptomen umzugehen bzw. diese deutlich zu reduzieren.

Was ist der Sinn von Achtsamkeit?

Wie erwähnt kann Achtsamkeit bei der Stressbewältigung helfen. Doch muss man keineswegs gestresst oder krank sein, um Achtsamkeit für sich zu entdecken. Schließlich kann Achtsamkeit auch „nur“ dabei unterstützen, die schönen Dinge intensiver wahrzunehmen und so mehr zu genießen. Wer im Alltag, auch in den kleinen Dingen, achtsam lebt, wird feststellen, dass Glück, Genuss und Freude nicht abhängig sein müssen von nicht beeinflussbaren oder äußeren Bedingungen. Zusammenfassend kann man sagen, dass Achtsamkeit entschleunigt, beruhigt und versteckte Ressourcen erkennen und mobilisieren lässt. Achtsamkeit kann zu einem selbstbewussteren und selbstbestimmteren Handeln führen und unterstützt eine grundsätzlich positivere Einstellung.

Kann man Achtsamkeit trainieren?

Ja, Achtsamkeit kann man üben und trainieren. Im Folgenden stellen wir dir ein paar Übungen vor, die du selbst zuhause ausprobieren kannst. Bitte beachte, dass es sich hier nicht um eine therapeutische Plattform oder ähnliches handelt. Uns geht es ausschließlich um Genuss und die Fähigkeit zu genießen – und natürlich um den Ausbau dieser Fähigkeit! Deshalb sind unsere Übungen eher einfach und alltagstauglich. Sie helfen dir vielleicht, einen ersten Einstieg in das Thema zu finden.

 

Deine Straße, dein Sofa, dein Arbeitsweg, dein Kleiderschrank – Dinge aus deinem Alltag. Du kennst sie besser als dir lieb ist? Versuche sie mit neuen Augen zu betrachten und dadurch neue Dinge zu entdecken. Du kannst direkt beim Aufstehen beginnen. Was gefällt dir an deinem Handtuch im Bad? Beschaffenheit, Farbe, Geruch, wenn es frisch aus dem Schrank kommt? Achte einfach mal darauf.

Weiter geht’s beim Frühstück. Nimm dir Zeit, auch während der Woche. Versuche z. B. jeden Geschmack in deinem Müsli zu entdecken: die Süße und Beschaffenheit der Rosinen, das Trockene des Getreides, was passiert mit der Milch, wenn du sie im Mund hast?

Und kennst du deinen Arbeitsweg wirklich? Wie riecht dein Weg zur Arbeit? Gibt es Farben, die dir besonders ins Auge stechen? Was empfindest du, wenn du sie siehst?

Das mag zunächst alles ganz banal für dich klingen, aber wenn du versuchst etwas intensiver zu sehen, zu riechen, zu schmecken, zu beobachten, wirst du vielleicht Überraschendes für dich entdecken.

 

Atmen geht von selbst, oder? Darüber muss kein Mensch nachdenken. Aber ab und zu darauf achten, kann sehr entspannend wirken. Und so funktioniert es am besten:

Schließe deine Augen und lege deine Hand auf deinen Bauch. Versuche jetzt durch die Nase so tief wie möglich einzuatmen. Dabei stellst du dir vor, dass du etwas herrlich Duftendes einatmest, das mit deinem Atem durch deinen Körper fließt. Nun atmest du ähnlich bewusst aus und tust so, als würdest du eine Kerze auspusten oder vorsichtig Seifenblasen zu pusten. Das Aus- und Einatmen sollte gleichmäßig sein, am besten zählst du im Stillen die Sekunden. Diese Übung wiederholst du im Stehen, Liegen und Sitzen. Kannst du Unterschiede feststellen?

 

Versuche doch einmal zehn Minuten alles — ALLES (!) –, was du tust, langsamer zu tun. Langsamer gehen, und zwar deutlich langsamer. Langsamer aufstehen, hinsetzen, essen, trinken.

Lasse dich darauf ein. Habe es auf gar keinen Fall eilig, sondern versuche jeden Moment auszukosten. Wie fühlt sich das an?

 

Was hörst du, wenn du nichts hörst? Versuche es einmal zu beschreiben. Setze oder lege dich dafür hin und schließe deine Augen. Atme ruhig und bewusst. Achte jetzt auf alles, was du hörst. Gibt es Geräusche, die du bemerkst und die du im Trubel eines Tages nicht feststellen würdest? Zähle die verschiedenen Geräusche, die du hörst. Das kann dein Atem sein, eine Autotür, die in der Ferne zufällt, ein Vogelzwitschern. Wie viele Geräusche kannst du unterscheiden?

 

Täglich fasst du viele Gegenstände an oder nimmst sie in die Hand: ein Stück Seife, einen Stift, ein Blatt Papier, eine Zeitung, einen Lichtschalter, eine Tastatur, ein Kleidungsstück, ein Plätzchen oder Keks, einen Kaugummi, eine Schlaufe im Bus, ein Lenkrad, ein Glas. Die wenigsten Dinge erfährst du dabei bewusst. Mit dieser Übung kannst du das ändern.

Nimm dafür einen Gegenstand in die Hand, egal, welchen. Ertaste die Form, die Beschaffenheit, die Struktur, das Material. Wie fühlt sich das an? Angenehm? Unangenehm? Rau, glatt, uneben?

Mache die Übung ggf. gemeinsam mit einer zweiten Person. Reicht euch gegenseitig Gegenstände und versucht mit geschlossenen Augen zu erraten, um welchen Gegenstand es sich handelt.

 

Übe Achtsamkeit, indem du fotografierst. Die Kamera in deinem Smartphone reicht dafür völlig aus. Suche dir nun etwas Alltägliches oder etwas zunächst Uninteressantes. Versuche Details in dem vermeintlich Uninteressanten zu entdecken und dies fotografisch festzuhalten. Das kann ein Schattenspiel sein. Das können unterschiedliche Farben sein, die aufeinandertreffen oder unterschiedliche Materialien. Vielleicht ist es auch nur deine Perspektive, die den Blick für etwas völlig Neues öffnet.

 

Was schmeckst du, wenn du schmeckst – und was spielt beim Geschmack eine Rolle? Wenn du eine Zitrone siehst oder auch nur an sie denkst, verziehst du schon dein Gesicht. Der Speichel sammelt sich im Mund. Das alles nur, weil du weißt, dass sie sauer schmeckt. Siehst du ein Stück Vollmilchschokolade mit ganzen Nüssen, schmeckst du im Geiste eher etwas angenehm Süßes kombiniert mit dem herrlichen Aroma gerösteter Nüsse.

Schließe deine Augen und lasse dir von jemanden etwas Essbares geben. Rieche daran, berühre es mit den Fingern, nehme einen kleinen Happen und kaue bedächtig und aufmerksam. Versuche den Geschmack zu bestimmen. Vielleicht erkennst du unterschiedliche Aromen. Vielleicht sagt dir die Konsistenz etwas. Es ist gar nicht so einfach!

Im Prinzip kannst du bei jeder Mahlzeit versuchen, mit Bedacht zu essen, zu kauen, zu schmecken, zu genießen. Mit der Zeit wird es dir immer einfacher fallen, den Geschmack intensiver wahrzunehmen. Dass Essen Genuss bedeutet, ist unumstritten.

 

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